Induktives Laden ohne Kabel – die Vision unbegrenzter Reichweite

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Lesedauer: 5 Minuten
Induktives Laden macht es möglich, auf Ladekabel und -säulen zu verzichten.

Die Reichweite von E-Autos ist nach wie vor einer der meistdiskutierten Aspekte der Elektromobilität. Viele Forscher arbeiten bereits am technischen Durchbruch bei den Akkus. Induktives Laden ist eine weitere, oftmals unterschätzte Möglichkeit, die effektive Reichweite von E-Autos zu erhöhen. Vom stationären Einsatz vergleichbar mit dem induktiven Laden bei Smartphones bis hin zur Vision von unbegrenzter Reichweite dank „Stromstraße“ sind die Anwendungszwecke vielfältig. In jedem Fall ist das Laden einfach und kabellos. Doch wie funktioniert induktives Laden eigentlich? Was sind die Einsatzmöglichkeiten, welche Nachteile gibt es und wie lange müssen Sie noch warten, bis Sie ein eigenes Induktionsladegerät in Ihrer Garage haben können?

Inhaltsverzeichnis

Wie funktioniert induktives Laden?

 

Mit induktivem Laden ist es theoretisch möglich, das E-Auto direkt während der Fahrt aufzuladen. Sie kennen das Prinzip vermutlich bereits vom induktiven Laden Ihres Smartphones. Dieser Ansatz wird nun weitergedacht: Statt eines stationären Ladefeldes, könnte doch gleich die ganze Straße damit ausgestattet werden!

Induktives Laden selbst funktioniert durch das Wechselspiel von Elektrizitätsflüssen und Magnetfeldern. Fließt Strom, entsteht ein Magnetfeld. Andersherum kann ein Magnetfeld einen Stromfluss in einem Leiter auslösen. Wenn nun Magnetfelder in ausreichender Stärke und Zahl verfügbar sind, lassen sich diese nutzen, um Elektroautos aufzuladen. Hochfrequente Wechselströme erzeugen in Spulen ein pulsierendes Magnetfeld. Im Fahrzeug nimmt eine „Empfängerspule“ das Magnetfeld auf und erzeugt Strom. Induktive Ladesysteme weisen aktuell Wirkungsgrade von rund 90 Prozent auf. Die umgesetzten bzw. anvisierten Ladeleistungen liegen auf dem Niveau von Wallboxen, zwischen 3,5 und 22 kW. Die Vision und der Traum von Elektromobilität mit unbegrenzter Reichweite stecken möglicherweise in der Straße.

Wie funktioniert induktives Laden? Erklärt in Beitragsgrafik!
Via www.elektroniknet.de, petovarga/shutterstock.com
Induktives Laden E-Auto
Via www.elektroniknet.de, petovarga/shutterstock.com

Induktives Laden Vorteile

Das Laden an einer Ladesäule ist unkompliziert, es ist aber noch viel einfacher den Stopp an der Ladesäule gar nicht erst in den Tagesablauf einplanen zu müssen. Induktives Laden nimmt dem Nutzer in der Theorie viel Aufwand ab. Während sich nur wenige die Mühe machen würden, für einen kurzen fünfminütigen Abstecher in den Supermarkt eine Ladesäule anzusteuern, lädt das E-Auto per induktivem Laden ganz automatisch, sobald es über einer Lademöglichkeit steht. Da nur Strom fließt, wenn auch ein entsprechender Empfänger darübersteht, können so theoretisch alle Parkplätze ausgestattet werden. Vorbei wären die Zeiten limitierter Lademöglichkeiten. Auch die Abrechnung und Identifikationen könnten hier automatisiert werden und dem Fahrer einen Arbeitsschritt abnehmen. Andere Stellen, an denen Autos stehen, wie beispielsweise an einer Ampel, könnten ebenfalls mit einer induktiven Lademöglichkeit ausgestattet werden. Auch wenn die Vision unbegrenzter Reichweite vermutlich nicht kurzfristig umsetzbar ist, so kann induktives Laden doch eine Möglichkeit sein, die realistische Reichweite von E-Autos im Alltag deutlich zu erhöhen. Trotz der vielen Vorteile, die induktives Laden mit sich bringt, gibt es noch einige Hürden, die die Umsetzung erschweren.  

Induktives Laden Nachteile

 

So einfach die Lösung klingt, der Teufel steckt einmal mehr im Detail. Die Effizienz des induktiven Ladens hängt stark vom Abstand der Spulen zueinander ab. Dabei gilt: je weiter sie auseinanderliegen, desto weniger Strom kann die Empfängerspule „erzeugen“. „Sender“ und „Empfänger“ müssen also möglichst genau aufeinander positioniert werden und sich besonders nahekommen. Bei aktuell entwickelten Ladesystemen sind die Sender rund 50 Quadratzentimeter groß. Daher unterstützen Assistenzsysteme die Fahrer beim Einparken. Die Effizienz ist auch ein generelles Problem beim induktiven Laden, wie die BFE-Studie zu Energieeffizienz und EMF-Immissionen herausfand. Obwohl Stromverluste auch beim Laden per Kabel existieren, sind diese kleiner, als beim induktiven Laden. Hier gibt es in jedem Fall Optimierungsbedarf.

 

Ein anderes zu berücksichtigendes Detail ist die Wärmeentwicklung beim Ladevorgang. Zwar sei aktuell bei einer Ladeleistung von 22 kW und den heutigen Batteriegrößen noch keine aktive Kühlung der Fahrzeugspule notwendig. Dies könne sich aber schnell ändern, wenn die Fahrzeugspulen in Zukunft kleiner und leichter werden oder die Ladeleistung über 22 Kilowatt gesteigert wird, heißt es beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). 2019 sollten die ersten Fahrzeug-Modelle auf den Markt kommen. BMW hatte mit dem 530e schon früh ein Fahrzeug mit induktivem Ladepaket im Angebot. Weitere Hersteller experimentieren ebenfalls immer wieder mit neuen Ansätzen und Modellen.

Wo kann induktives Laden zum Einsatz kommen?

 

Die Frage, wo solche Magnetfelder erzeugt werden, ist leicht beantwortet: Parkplätze und Straßen bzw. generell der öffentliche (Verkehrs-)Raum bieten den Platz für solche im Boden verlegten Systeme. Das Fahrzeug lädt, wenn es über der induktiven Ladeeinrichtung steht. Das funktioniert sogar, wenn Schnee oder Verschmutzungen und auch eine dünne Asphaltschicht über dem Erzeuger des Magnetfeldes liegen.
Anwendungsmöglichkeiten finden sich auch immer dort, wo Autos in Fahrzeugschlangen warten, bspw. am Taxistand der Flughäfen.

Wie wird beim induktiven Laden abgerechnet?

 

Die Abrechnung der geladenen Energiemenge erfolgt bei der Induktion genauso wie bei herkömmlichen Ladesäulen. Das Fahrzeug oder der Fahrer identifiziert sich entweder über bspw. RFID oder über das mobile Internet. Wie beim kabelgebundenen Laden erleichtert ein einheitlicher zu schaffender Bezahlstandard die Prozesse. Neben der Abrechnung des Verbrauchs nach kWh sind auch Zeittarife, Flatrates und kostenlose Ladeangebote als Incentives möglich.

Induktives Laden: Die Vision „Stromstraße“

 

Zurück zur Vision der Elektromobilität ohne Reichweitenbeschränkungen: Gelänge es, ganze Fahrspuren mit Magnetspulen auszustatten, könnten Elektrofahrzeuge während der Fahrt kontinuierlich nachladen oder sogar den Fahrstrom direkt aus der Induktion beziehen. 2017 hat beispielsweise das israelische Start-up „electroad“ in Tel Aviv eine Teststrecke für Busse in Betrieb genommen, um die Technik weiter zu untersuchen. Auch in Gotland in Schweden wird eine Straße mit induktivem Laden getestet. Über 1,6 km vom Flughafen in die Stadt Visby sollen hier ein Bus und ein Lkw getestet werden. Insgesamt plant Schweden, 2.000 km Straße umzubauen. Die Fahrzeuge beziehen den Fahrstrom aus den Spulen in der Fahrbahn und verfügen über einen kleinen Akku, um die Strecken ohne Induktionsmöglichkeiten zu überbrücken. Der Halbleiterhersteller Qualcomm hat ebenfalls 2017 eine Technik für eine Stromstraße vorgestellt. Qualcomm-Ingenieure gehen aber davon aus, dass es bis Ende der 2020er Jahre bzw. Anfang der 2030er dauern dürfte, bis eine solche Infrastruktur eingerichtet werden könne. Der Umbau der Straßen dürfte Milliarden Euro verschlingen. Auch ist noch unklar, welches Bezahlmodell dann genutzt werden kann. Der Fokus der Entwicklung liegt derzeit auf der stationären Ladeinfrastruktur.

 

Induktives Laden ohne Kabel - die Vision unbegrenzter Reichweite

Induktives Laden Pilotprojekt – erste induktive Ladeanlage im öffentlichen Straßenraum

 

Im Auftrag der Rheinenergie wurde Anfang 2022 die in Deutschland erste induktive Ladeanlage im öffentlichen Straßenraum in Betrieb genommen. Ziel ist es, Taxifahrern während der Wartezeit die Möglichkeit zu geben, ihre Elektrotaxis aufzuladen. Das Forschungsprojekt hört auf den Namen „Taxiladekonzept für Elektrotaxis im öffentlichen Raum“, oder kurz Talako. Für das Projekt kommen Fahrzeuge des Herstellers LEVC zum Einsatz. Diese können immerhin mit einer Ladeleistung von 22 kW, in etwa vergleichbar mit der Ladeleistung einer herkömmlichen Wallbox, induktiv geladen werden. Auch wenn das Induktionsladegerät für das eigene E-Auto noch nicht absehbar ist, so machen solche Pilotprojekte durchaus Hoffnung.  

Eine echte Alternative: Induktives Laden

 

Das Prinzip des induktiven Ladens ist inzwischen durch die Verbreitung als Lademöglichkeit für Smartphones weitreichend bekannt. Die Umsetzung der Technik für E-Autos ist allerdings durch die Größe dieser Projekte nicht so einfach. Das Potenzial ist riesig. Das zeigen mehrere Pilotprojekte und die anhaltende Forschung in diesem Bereich. Es gibt noch einige Nachteile wie beispielsweise die schlechtere Effizienz im Vergleich zum Laden per Kabel, oder eine möglicherweise in Zukunft notwendige Kühlung, um der Wärmeentwicklung entgegenzuwirken. Nichtsdestotrotz ist die Vision unbegrenzter Reichweite durchaus realistisch. Wir freuen uns in jedem Fall auf die weiteren Entwicklungen!

 

Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, melden Sie sich gerne unter frag@umschalten.de!

 

 

Falls Sie an einer anderen innovativen Lademöglichkeit interessiert sind, werfen Sie doch mal einen Blick auf bidirektionales Laden!

Ein Beitrag von Marcel Duparré

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